Das Pfarrerehepaar Christine und Michael Gengenbach geht Ende Juli in den Ruhestand. Offiziell aus ihrem Dienst verabschiedet werden sie im Rahmen eines Gottesdienstes auf dem Glaskopf am 26. Juni um 14 Uhr durch Propst Oliver Albrecht.
Seit 2013 sind Christine und Michael Gengenbach im Dekanat Kronberg tätig – Christine Gengenbach in der Evangelischen Limesgemeinde Schwalbach, Michael Gengenbach in der Evangelischen Kirchengemeinde Sulzbach. Davor hatten sie immer Pfarrstellen in einer Gemeinde – erst neun Jahre in Weyer und Eschbach am Rhein, dann fast 15 Jahre in Laubach im Vogelsberg. Beide stammen gebürtig aus der Nähe von Darmstadt. Im Ruhestand werden sie wieder in Richtung Odenwald ziehen.
So verschieden ihre Kirchengemeinden in der Limesstadt und im dörflich geprägten Sulzbach sind, so unterschiedlich sind auch die Erfahrungen, die sie in ihrer Zeit dort gemacht haben. „Nach der Vakanz in der Limesgemeinde war es erst einmal wichtig, wieder Freude an der Arbeit im Kirchenvorstand und eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu bekommen“, erzählt Christine Gengenbach. „Dann ging es eigentlich darum, den Wandel anzunehmen.“
Die Kirchengemeinde wurde vor mehr als 50 Jahren gegründet, als viele evangelische Familien dorthin zogen. Es waren damals über 4.500 Gemeindeglieder, heute sind es rund 1.300. Die Gründergeneration ist über 70 oder 80 Jahre alt, manche leben nicht mehr, ihre Kinder sind größtenteils weggezogen. „In den freigewordenen Häusern und Wohnungen leben jetzt Menschen aus aller Welt. 100 Sprachen werden gesprochen, die vielen Kulturen beleben die Siedlung. Aber es sind viel weniger evangelische Menschen“, berichtet Christine Gengenbach weiter. Dennoch konnte sie junge Leute für die Arbeit im Kirchenvorstand gewinnen. In ihre Zeit in der Limesgemeinde fiel unter anderem das 50-jährige Jubiläum mit einer Festwoche voller Programmpunkte.
Ebenso ein Thema war seit ihrem Beginn in der Gemeinde das für die aktuelle Gemeindegliederzahl zu groß gewordene Gebäude und seine Bewirtschaftung. „Mein Anliegen war es immer, das Haus für alle zu öffnen. Am Anfang waren überall Türen, die ich aufschließen musste. Das ist inzwischen anders. Jetzt ist es das „Dorf-Gemeinschaftshaus im Limes“. Wer unkompliziert einen Raum braucht für Blutspende, Musikproben, Selbsthilfegruppen, Sprachunterricht oder Feiern, kommt zu uns. Und eine koreanische Kirchengemeinde ist bei uns dauerhafter Mieter“, erklärt Christine Gengenbach.
Für die Zukunft gibt es darüber hinaus Gespräche mit der Stadt Schwalbach und dem benachbarten Diakonischen Werk Main-Taunus hinsichtlich einer gemeinsamen Nutzung der Räumlichkeiten. Eine Herausforderung für die Arbeit des Kirchenvorstands ist die Struktur der Limesstadt. Ganz anders als in Alt-Schwalbach gibt es dort keine Vereine, die im Gemeinwesen vernetzt sind. Auf die Vorteile solcher traditionellen Verbindungen kann der Kirchenvorstand daher nicht zurückgreifen. Mit der Stadt gibt es jedoch eine gute Zusammenarbeit.
Die Arbeit mit Kindern und Familien wird durch die Kita der Gemeinde belebt. Familienreferentin Eva Witte initiiert immer wieder neue Angebote, um diese zu erreichen. 2020 wurde in der Limesgemeinde zudem ein vom Land Hessen gefördertes Familienzentrum eröffnet, sodass die Finanzierung der bestehenden Angebote weiterhin möglich ist. Für die Generation der über 55-jährigen gibt es die „Projektstelle 55+“ des Dekanats Kronberg, die in der Limesgemeinde verortet ist und durch Gemeindepädagogin Astrid Bardenheier betreut wird. „Wichtig ist, dass der Begriff Familie nicht nur junge Eltern mit Kleinkindern umfasst. Alle Altersgruppen gehören dazu. Zum Beispiel auch Senioren“, betont Christine Gengenbach. Neben der Arbeit als Gemeindepfarrerin war sie sechs Jahre Mitglied im Dekanatssynodalvorstand und im Personalausschuss des Dekanats. Bereits in der Limesgemeinde spielte sie mit ihrer Tuba im Posaunenchor mit, im Ruhestand freut sie sich nun auf das, was sich ergibt. Musik wird sicherlich dabei sein. Aber auch mehr Zeit für die Arbeit in ihrem neuen Garten.
Michael Gengenbach traf in Sulzbach auf ganz andere Gegebenheiten. „Sulzbach ist eine in einem dörflichen System verwurzelte Kirchengemeinde. Die Volkskirche läuft hier wie von selbst und Amtshandlungen gehören zur Tradition. Auch das Nachlassen der konfessionellen Bindung ist hier nicht so stark. Das Kirchengebäude selbst ist sehr beliebt und ein markanter Punkt im Ort“, erzählt er. „Am Anfang habe ich versucht, noch mehr Leute mit Angeboten in das Gemeindehaus zu kriegen. Aber es gibt hier 68 Vereine und so viele andere Möglichkeiten, etwas zu machen.“
Wichtig war ihm immer, dass in Kirchenvorstand und Kirchengemeinde ein gutes „Wir-Gefühl“ da ist und die Gemeinde auf die Öffentlichkeit um sie herum freundlich zugeht. „Das war am Anfang nicht so. Aber mit der Zeit änderte sich das Klima. Bei der letzten Kirchenwahl im Juni 2021 konnten wir uns vor Interessenten für den Kirchenvorstand gar nicht retten“, berichtet Michael Gengenbach. „Die Menschen im Kirchenvorstand sind zusammen gewachsen und bilden den Rückhalt meiner Arbeit“, ergänzt er. Vorangetrieben hat auch er die Öffnung der Kirche. Zunächst stundenweise mit Bewachung – inzwischen ganztags. In der Adventszeit und zu Ostern mit Musik. Das hat er aus Laubach übernommen. „Besonders in Corona-Zeiten war das wichtig für die Leute. Das sehe ich auch sonst als Sinn und Aufgabe meiner Arbeit: die Öffnung der Kirche“, erklärt er.
Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Konfirmandenarbeit. Schon in Laubach sind er und seine Frau bei der Konfirmandenfreizeit gepilgert. Das haben beide in ihre aktuellen Gemeinden übernommen. In Sulzbach waren Eltern, Kirchenvorstand und Konfirmand:innen von diesem Konzept so beeindruckt, dass alle Konfirmandenjahrgänge seitdem eine dreitägige Wanderung auf einem der vielen Pilgerwege in der Region erlebten. Auch Pilgertage für jedermann gab es, meist im September. „Ein festes Team an meiner Seite hat mich dabei immer unterstützt“, sagt Michael Gengenbach. Er hat nicht nur eine Ausbildung zum Pilgerbegleiter absolviert, sondern ist während einer Studienzeit im Sommer 2018 selbst in drei Monaten über 600 Kilometer durch Deutschland und Frankreich gepilgert.
„Es geht um die Erfahrung des körperlichen Sich-Bewegens. Für die Konfirmandinnen und Konfirmanden sind das drei Tage ohne Smartphone. Uns war damals aufgefallen, dass die Familien ein sehr getaktetes Leben haben. Berufstätige Eltern, die Kinder sind sehr eingebunden in der Schule und ihrer Freizeit. Ohne viel Freiheit. Beim Pilgern kommen sie mal raus und erleben, worauf es wirklich ankommt: essen, trinken, das Wetter, freundliche Leute, ein Dach über dem Kopf. Übernachtet wird unterwegs in evangelischen Gemeindehäusern“, berichtet Michael Gengenbach.
Eine lange Tradition hat der Erntedank-Gottesdienst in einem der Bauernhöfe Sulzbachs, die Michael Gengenbach fortgeführt hat. Seine ehemalige Kollegin Daniela von Schoeler initiierte zudem an Weihnachten eine „lebendige Krippe“ mit Tieren in einem Stall. Auch hier zeigt sich die dörflich gebliebene Struktur des Ortes mit sieben noch aktiven landwirtschaftlichen Betrieben. Gerne hätte er das 2016 mit dem Kirchenvorstand begonnene Projekt einer Sanierung und zukunftsfähigen Renovierung der Sulzbacher Kirche zu Ende geführt, Schäden am Dach der Kirche haben diese Hoffnung aber zerschlagen.
Sowohl Michael als auch Christine Gengenbach haben sich außerdem mit einem Schwerpunkt in der Ausbildung von Lektorinnen und Lektoren sowie von Prädikantinnen und Prädikanten engagiert.
Michael Gengenbach freut sich im Ruhestand darauf, dass seine Zeit dann nicht mehr so getaktet und verplant ist. Vielleicht wird die eine oder andere Pilgertour dabei sein. Er und seine Frau werden auf jeden Fall mehr Zeit mit den sechs Enkelkindern verbringen – das siebte ist ebenso bereits auf dem Weg. Sie haben fünf erwachsene Kinder. Ein Sohn, verheiratet mit einer Vikarin, wird als angehender Vikar in ihre Fußstapfen treten. red