Nach drei Jahren fand am Montag vergangener Woche wieder das Abrahamische Religionsgespräch der Albert-Einstein-Schule (AES) im Bürgerhaus Schwalbach statt.
„Ich habe mit 18 Jahren einen Mann geheiratet. Das ist in Deutschland ungewöhnlich, aber in der Heimat meiner Eltern Bosnien nicht. Und so sind es oftmals eher die kulturellen Unterschiede als die religiösen, die wir als trennende Differenzen wahrnehmen.“ Mit diesen und vielfach ähnlich bilderreichen Worten verdeutlichte Jasmina Makarevic, eine in Stuttgart geborene Diplom-Biologin und Muslima mit bosnischen Wurzeln, den Schülerinnen und Schülern der sechs zehnten Klassen der Albert-Einstein-Schule (AES) bestimmte Aspekte ihrer Religion.
Sie versäumte nicht hinzuzufügen, dass es „den Islam“ nicht gebe, sondern dass sie den Jugendlichen ihre Auffassung weitergebe, wie der Wille Allahs und die Worte des Propheten Mohammed heute verstanden werden können. Dabei eröffneten sich den Schülern auch durchaus neue Ansichten, etwa als Jasmina Makarevic sagte, dass der Koran Verhütung nicht verbiete oder dass die muslimischen Glaubensregeln ursprünglich entstanden seien, um den Beteiligten an Konfliktsituationen eine gewisse Sicherheit zu verschaffen, da sie ansonsten rechtlos gewesen wären.
Den christlichen Part in diesem religiösen Trialog-Gespräch hatte der evangelische Pfarrer Andreas Heidrich aus Bad Soden inne. Auch er konnte mit Aussagen aufwarten, die die Jugendlichen vielleicht eher nicht vermutet hätten. Angesprochen auf die Sexualität vor der Ehe antwortete er zum Beispiel, dass dies im evangelischen Glauben kein Problem sei, solange dies in gegenseitigem Respekt voreinander einvernehmlich geschehe. Auch die Tatsache, dass unter heutigen Theologinnen und Theologen die Vorstellung einer Hölle nicht mehr vertreten werde, verblüffte einige Schüler.
Die dritte Diskutierende war Petra Kunik, Mitglied der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und wie Andreas Heidrich alljährliche Teilnehmerin des Gesprächs an der AES. Beim Diskussionskomplex „religiöse Gebote“ führte sie aus, dass es im Judentum 613 solcher Ge- und Verbote gebe, davon etwa ein Drittel Speisegebote, an die sie sich gerne halte. „Das Einhalten dieser Gebote verstehe ich als ein Fitness-Studio für meine Seele“, meinte Petra Kunik. Eine Hölle im klassischen Sinne gebe es im Judentum nicht, wohl aber die Legende, dass „36 Gerechte, unabhängig von ihrer Herkunft oder Religion, jährlich im Himmel aufgenommen werden“, um derer willen Gott die Welt trotz aller Sünde nicht vernichte.
Nicht zuletzt dank der lebendigen Ausführungen aller drei Diskutanten zeigten sich viele der Zehntklässler beeindruckt. „Dass das Judentum so nah am Leben der Menschen dran ist, hätte ich nicht vermutet“, meinte etwa Florian im Anschluss.
Und es gab bei dieser Veranstaltung auch ganz lebenspraktische Tipps für die Jugendlichen, zum Beispiel als Petra Kunik, angesprochen auf interreligiöse Partnerschaften, ausführte: „Ich bin seit vielen Jahren mit einem evangelischen Mann verheiratet, und jeder lässt den anderen seinen Weg gehen. Wir nehmen dann den jeweils anderen auf seinem oder ihrem Glaubensweg mit, sofern der jeweils andere dies möchte.“ red