18. November 2022

Mit Glockengeläut und Harfenklängen

Rund 50 Sulzbacher gedachten der Reichspogromnacht im Heinrich-Kleber-Park

Glockengeläut und Harfenklängen leiteten die Gedenkveranstaltung an die Reichspogromnacht am 9. November 1938 ein. Zur Gedenkfeier hatten die Gemeinde Sulzbach und die evangelische Kirchengemeinde in den Heinrich-Kleber-Park eingeladen.

Mehr als 50 Bürgerinnen und Bürger folgten dem Aufruf und wurden daran erinnert, wie die Nationalsozialisten in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 jüdische Geschäfte und Einrichtungen gewaltsam zerstörten. Denn das russische Wort Pogrom steht für „gewaltsame Ausschreitungen gegen nationale, religiöse und ethnische Minderheiten.“
„1938 Erinnern – Nicht vergessen 2022“ lautete das Motto der Gedenkstunde in diesem Jahr, die mit einer Ansprache des Vorsitzenden der Gemeindevertretung, Matthias Brandt, begann.„Der 9.November wird als ´Schicksalstag der Deutschen´ bezeichnet“, formulierte Matthias Brandt den geschichtsträchtigen Novembertag und nannte als letztes beispielhaftes Ereignis den Mauerfall in Berlin. „Doch die Pogromnacht gehört zu den schlimmsten und beschämendsten Momenten der deutschen Geschichte“, sagte der Vorsitzende der Gemeindevertretung. Die Zerstörungen seien nur ein Vorbote gewesen. Damit hätten die Nazis ihre wahre Absicht, jüdischen Leben in Europa auszulöschen, gewaltsam offenbart.
Das herausragende Kennzeichen des Pogroms waren die in ganz Deutschland brennenden Synagogen, Gebethäuser, jüdische Geschäfte und Existenzen. Damit war der Weg in die Konzentrationslager und den Holocaust vorgezeichnet. „Gedenken wie heute, heißt immer auch Erinnern“, wandte sich Matthias Brandt an die Zuhörer und zitierte aus dem Talmud: „Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung. Wir sind es den Opfern der Shoa schuldig, sie und ihre Leiden niemals zu vergessen.“ Der 9. November sei ein Tag, den kein Deutscher „einfach so verstreichen lassen“ dürfe.
Als mutiges Beispiel der Hoffnung, wie fliehenden Juden geholfen werden konnte, die dem Nazi-Terror noch entronnen waren, schilderte Lektorin Monika Dicke die Rettungstaten des portugiesischen Konsuls Aristides de Sousa Mendes, der über 30.000 Menschen vor dem Holocaust gerettet hat. Die Regierung in Lissabon verweigerte im Krieg den Flüchtlingen die nötigen Visa, um dem sichern Tod zu entgehen. Trotz eines Verbotes des portugiesischen Diktators Salazar stellte Aristides Visa zur Einreise aus, wurde dafür seines Postens enthoben und litt mit der Familie unter der drakonischen Strafe. Dennoch stand er bis zuletzt für die Richtigkeit seiner Taten ein. Sousa Mendes starb 1954. Die erste Anerkennung kam posthum 1966 von Israel, das ihn „Gerechter unter den Völkern“ nannte.
„Auch ohne Gewalt auskommen, Böses mit Gutem vergelten“, erkannte auch Bertold Brecht in seinem Schriftstück „An die Nachgeborenen“. Daraus lasen Marc Blecking, Chiara Pape und Monika Dicke. Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit ohne Furcht verbringen, sei weise, vermittelte der deutsche Schriftsteller. Die Hoffnung, dass sich die Menschen einander verstehen und achten lernen, sprachen die drei Fürbittenden der evangelischen Kirchengemeinde. Harfenistin Daphne Milio intonierte besinnende Klänge zwischen den mahnenden Worten. Anschließend war bei Getränken Zeit für Gespräche. gs

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