1. Dezember 2022

Lesestoff

Die Buchtipps des Sulzbacher Anzeigers

„Schlichte Wut“ von Davide Longo ist der dritte Band der Piemont-Krimis mit den Commissari Bramard und Arcadipane. Volker Ullrich beschreibt in „Deutschland 1923“ ein Jahr am Abgrund. Varsha Shah erzählt in ihrem Kinderbuch „Ajay und die Tintenhelden“ die Geschichte eines Straßenjungens in Mumbai.

„Schlichte Wut“

Diesmal ermitteln die beiden Commissari im Umfeld von Jugendlichen, die ein sinistres Online-Spiel spielen, bei dem es darum geht, Menschen dazu zu bringen, schreckliche Dinge zu tun und die Taten Unschuldigen in die Schuhe zu schieben. Ein kleines Heer von Unschuldigen sitzt im Turiner Gefängnis, eine Reihe von Fällen muss neu aufgerollt werden.

Aber bei Longo geht es immer um mehr als um den Fall. Da sind auch noch die mit kühler Präzision beschriebenen familiären Umstände, die Frauen und Kinder der Commissari. Da ist die Poesie der Regentage in der Stadt Turin, die Melancholie ihrer Bewohner:innen. – Die einzigartige Stimmung, die Longo zu einem der spannendsten italienischen Autoren macht.

Davide Longo, 1971 in Carmagnola im Piemont geboren, lebt in Turin, wo er am Literaturinstitut Scuola Holden unterrichtet. Er schreibt Prosa, Hörspiele und Drehbücher und wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Premio Grinzane Cavour für das beste Debüt und dem Premio Via Po. Sein Roman „Der aufrechte Mann“ wurde von der Presse enthusiastisch aufgenommen, „Der Steingänger“ sogar verfilmt. „Der Fall Bramard“ begründet eine Krimireihe aus dem Piemont, die mit „Die jungen Bestien“ fortgesetzt wurde.

Davide Longo: „Schlichte Wut“
Übersetzt von Barbara Kleiner
Rowohlt Buchverlag, 2022. 352 Seiten, 23 Euro.

„Deutschland 1923“

„Kein Volk der Welt hat erlebt, was dem deutschen ‚1923‘-Erlebnis entspricht“, schrieb Sebastian Haffner im englischen Exil, und Stefan Zweig befand, dass die Geschichte noch „nie eine ähnliche Tollhauszeit in solchen riesigen Proportionen produziert“ habe. Volker Ullrich erzählt auf breiter Quellenbasis die Geschichte dieses Jahrs am Abgrund, das in manchem auf fatale Weise an die heutige Gegenwart erinnert. Nach der vielgerühmten Hitler-Biografie und dem Bestseller „Acht Tage im Mai“ legt der renommierte Journalist und Historiker nun das Panorama einer aus den Fugen geratenen Zeit vor, die Chronik eines in jeder Hinsicht extremen Jahres.

1923 erlebt Deutschland einen Sturz ins Bodenlose. Französische und belgische Truppen marschieren ins Ruhrgebiet ein. Die Hyperinflation erreicht ihren bizarren Höhepunkt und stürzt breite Bevölkerungsschichten ins Elend. Während die Vergnügungsindustrie boomt, herrscht politisch der Ausnahmezustand. Separatistische Bewegungen bedrohen den Bestand des Reiches, rechte und linke Extremisten setzen zum Sturm auf die Republik an, und in München bereitet ein Mann einen Putschversuch vor, dessen Name sich der Welt noch einprägen wird: Adolf Hitler.

Volker Ullrich ist Historiker und leitete von 1990 bis 2009 bei der Wochenzeitung „Die ZEIT“ das Ressort „Politisches Buch“. Zu seinen Werken gehören die zweibändige Biografie „Adolf Hitler“ (2013 und 2018) sowie der Bestseller „Acht Tage im Mai“.

Volker Ullrich: „Deutschland 1923“
C.H. Beck, 2022. 441 Seiten, 28 Euro.

„Ajay und die Tintenhelden“

Ajay hat einen großen Traum: Er will später einmal ein bekannter Journalist werden. Als Straßenjunge in Mumbai hat er es bisher allerdings nur zum Zeitungsverkäufer gebracht. Doch Ajay ist sich sicher: Nichts ist unmöglich!

Als eine Kleidungsfabrik in der Nachbarschaft bei einem heftigen Monsunregen unter mysteriösen Umständen einstürzt, schwört er sich, der Sache nachzugehen. Zusammen mit seinen Freunden gründet er eine eigene Zeitung, in der er die Wahrheit ans Licht bringen will. Dabei legen sich die fünf mit einigen der einflussreichsten Menschen Mumbais an, die es gar nicht gerne sehen, wenn eine Bande Straßenkinder ihnen einen Strich durch die Rechnung machen will.

Varsha Shah liebt Kinderbücher mit einer guten Mischung aus Spannung, ernsten Themen und Humor. Zunächst arbeitete sie als Rechtsanwältin, bevor sie anfing, Englisch und Literatur zu unterrichten. Autorin zu werden, war schon immer ihr großer Traum, der mit ihrem Debüt „Ajay und die Tintenhelden“ wahr geworden ist.

Varsha Shah: „Ajay und die Tintenhelden“
Übersetzt von Katharina Naumann
Atrium Kinderbuch, 2022. 240 Seiten, 15 Euro.

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