9. März 2023

Von der Bäderbahn zur K-Bahn

Der Gewölbekeller im Frankfurter Hof war beim jüngsten Erzählcafé voll besetzt

Volles Haus herrschte beim interessanten Vortrag von Joachim Siebenhaar über die Geschichte der Eisenbahn im Bürgerzentrum Frankfurter Hof. Foto: Schöffel

„Von der Bäderbahn zur K-Bahn – 175 Jahre Eisenbahn Höchst – Bad Soden“. So lautete das Thema des jüngsten Erzählcafés im Gewölbekeller des Bürgerzentrums Frankfurter Hof.

Und mit 60 interessierten Zuhörern war der Erzählkeller voll besetzt. Denn es kamen auch viele ältere Sulzbacherinnen und Sulzbacher, die die zahlreichen Veränderungen im Eisenbahnbetrieb am Bahnhof Sulzbach-Mitte selbst hautnah erlebt haben.
Die erste Eisenbahnfahrt in Deutschland fand im Dezember 1835 von Nürnberg nach Fürth statt. „Und bereits vier Jahre später wurde die Strecke Frankfurt-Höchst eröffnet“, berichtete Joachim Siebenhaar, Vorsitzender des Sulzbacher Geschichtsvereins, der viele Daten, Fakten, Zahlen über die Entwicklung von der Bäderbahn bis heute zusammengetragen hatte und seinen fast 90-minütigen Lichtbildervortrag mit alten, teils handschriftlichen Dokumenten und Fotos wie Streckenführungen, Fahrplänen, Billetts, Bahnhöfen, Dienstwohnungen, Gleisbauten, Lok-Typen und Wagenklassen inhaltsreich illustrierte.
Da sich Bad Soden seit Anfang des 18. Jahrhundert kontinuierlich zu einem Heil- und Badeort entwickelte und dort immer mehr betuchte Frankfurter Familien kurten, gab es erste Überlegungen zum Bau einer Verbindung von Höchst nach Soden. 1845 erteilte der Herzog von Nassau dem Bankhaus Gebrüder Bethmann die Konzession zum Streckenbau plus Kurhaus. Zur Finanzierung wurde eigens die ´Sodener Aktiengesellschaft´ gegründet.
Für den Gleisbau verpflichtete die Gesellschaft den Eisenbahningenieur Edmund Heusinger von Waldegg. Der erkannte, dass die zunächst vorgesehene Streckenführung parallel zur Chaussee (heute alte B 8) für die damaligen Dampflokomotiven eine zu extreme Steigung war. Von Waldegg fand eine Lösung: das relativ flache Sulzbachtal, also die jetzige Streckenführung. Dazu konnte der Höchster Bahnhof genutzt werden, der Sodener musste erst noch gebaut werden mit Wohnungen, Wagenremise, Wasserhaus und Güterschuppen. Dazu zeigte der Referent ein Foto aus dem Jahr1865. Die Dampfloks fertigte die Maschinenfabrik Emil Kessler in Karlsruhe an, 74.000 Mark pro Stück. Die Wagen kosteten 30.000 Mark. Die Kosten für Schienenbau und Hochbauten betrugen 545.000 Mark.
„Am 22. Mai 1847 war es dann so weit“, führte Joachim Siebenhaar weiter aus und zeigte den ersten Fahrplan. Vormittags verkehrten fünf Züge mit drei Wagenklassen von Höchst nach Soden und umgekehrt, nachmittags nur vier. Die drei Wagenklassen, vermutet der Referent, könnten vom Dreiklassenwahlrecht abgeleitet sein. Nach der Kursaison verkündete der AG-Vorstand, dass ab dem 25. Oktober der Bahnbetrieb eingestellt werde und nur noch in den Sommermonaten laufe. Der Grund: Das Fahrgastaufkommen war nicht zufriedenstellend. „Etwa 250 Personen pro Betriebstag machten einen kostendeckenden Betrieb nicht möglich“, so der Referent.
1870 wurde der Sulzbacher Bahnhof auf Kosten der Gemeinde gebaut. Zu dieser Zeit lebten im Ort 693 Einwohner in 160 Familien, hatte Siebenhaar herausgefunden. Nach dem Zusammenschluss deutscher Eisenbahnverwaltungen gelang es, eine einheitliche Zeitzone festzulegen. So wurden die Fahrpläne ab dem 1. Juli 1891 nach der Mitteleuropäischen Eisenbahn-Zeit (MEZ) abgestimmt. Sulzbachs Einwohnerzahl stieg auf 1.050 Personen, der Ortskern war immer noch ein Stück vom Bahnhof entfernt. Das Sperren der Bahnstraße für Zugdurchfahrten erfolgte durch einen einfachen Balken.
Zwischen den beiden Weltkriegen war der Zugverkehr in Deutschland stark angestiegen. Aufgrund der erreichbaren Geschwindigkeiten musste in Sulzbach ein Ausweich- und Überholgleis gebaut werden. Die Gleise wurden 1927/28 verlegt. „Sulzbachs Bahnhof war in den 1930er Jahren einer der schönsten Bahnhöfe in der Region“, berichtete der Hobby-Historiker. Das lag am damaligen Stationsvorsteher Jean Sedler, der seine Wirkungsstätte mit viel angepflanzten Blumen schmückte. Mit dem Fahrplanwechsel Sommer-Winter 1949 endete die Dampflokzeit. Dieselloks VT 36 zogen nun die Wagen.
Zu bestimmten Zeiten waren die Wagen sehr gut ausgelastet. Wenn der Zug „überbesetzt“ war, konnte die Lok trotz des flachen Suchbachtals nicht in den dritten Gang schalten. „So dauerte die Fahrt von Höchst nach Soden statt 24 Minuten fünf Minuten länger“, erzählte Joachim Siebenhaar. In der Frankfurter Rundschau konnte man nachlesen, dass sich die Sulzbacher über das unzureichende Platzangebot beschwerten.
1955 wurde die Bahnbuslinie von Höchst über Sulzbach nach Bad Soden eingerichtet. Eine Foto zeigte, dass von der einstigen Blumenpracht rund um den Sulzbacher Bahnhof nicht mehr viel zu sehen ist. Nach einem schweren Unfall wurden die bisher handbetriebenen Schranken 1963 durch automatische Halbschranken ersetzt. Das Überholgleis war inzwischen zurückgebaut worden. 1971 erfolgte der Abriss des Bahnhofgebäudes. Seitdem ist es nur noch der Haltepunkt „Sulzbach-Mitte“. 1979 folgte die Elektrifizierung der Strecke, um sie in den S-Bahn-Betrieb der S 3 zu integrieren. Von 1997 bis 2013 wurde die Strecke unter der Bezeichnung RB 13 geführt.
Im Rahmen des 50-jährigen Bestehens der Freiwilligen Sulzbacher Feuerwehr wurde 1980 ein Triebwagen auf den Namen „Sulzbach“ getauft. gs

One thought on “Von der Bäderbahn zur K-Bahn

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert