Rund 100 Besucherinnen und Besucher hörten die Lebensgeschichte von „Oppa Balser“, die Klaus Thanheiser und Klaus Hilger in Frankfurter Mundart erzählten. Es war ein bewegender Abend im Bürgerhaus am Platz an der Linde.
Oppa Balser hat viel mitgemacht. Seine Lebensgeschichte spannt sich vom Kaiserreich, dem Ersten Welkrieg, über die Nazizeit und dem Zweiten Weltkrieg bis hin zur Bundesrepublik Deutschland. Der Autor Klaus Thanheiser erzählte eine spannende und besinnliche Geschichte. Sie ist in drei Linien gestaltet: Die Entwicklung einer einfachen Familie, deren wirtschaftliche Situation, umrahmt von den politischen Gegebenheiten. Der Zeitrahmen erstreckt sich von Balsers Geburt 1891 bis zu seinem Tod 1975.
Klaus Thanheiser widmet die Grundlage seines Erzähltheaters in Frankfurter Mundart dem „Oppa Balser“. Der Großvater seiner Ehefrau Anna wurde in Schwalbach geboren, wo er seine Jugend verbrachte und dann im Kriegsdienst als Meldereiter an die Front musste. Doch der Erste Weltkrieg war für Oppa Balser schnell zu Ende, weil er ein Auge verlor und weitere Verletzungen erlitt. Er kann nicht mehr begreifen, warum er dem Kaiser als Kind zugejubelt hat und warum so viele junge Männer mit Begeisterung in den Ersten Weltkrieg gezogen sind. „Uns wurd gesacht, ihr kämpft für die gereschte Sach. Ihr seid die Auserwählte. Uff unserm Koppelschloss stand ja: ‚Gott mit uns‘“, berichtete Klaus Thanheiser.
Bedrückende Stille herrschte im Saal, als der Autor von Oppas Erlebnissen in den Feldlazaretten berichtete. Vielen älteren Besuchern, die vielleicht selbst noch schlimme Kriegserinnerungen haben, standen Tränen in den Augen. Verstohlen griffen sie nach einem Taschentuch. Nach Kriegsende heiratete Oppa Balser seine Anna, mit der er eine Wohnung in Frankfurt in der Ludwig-Landmann-Straße bezog und dort bis zu seinem Tod lebte.
Totale Stille lösten dann seine Schilderungen aus der Nazizeit aus. Immer wieder fragte Klaus Hilger, der die Rolle des „Enkels Herbert“ übernommen hatte, nach Erlebnissen in der Hitler-Zeit. So schildert Oppa Balser, wie seine Frau Anna dem Briefträger ein Hitler-Bild nachgeworfen hat, als sie die Todesnachricht ihres Sohnes erreichte. Beim Gestapo-Verhör kam sie dank der Aussage eines Nachbarn zu ihren Gunsten mit dem Schrecken davon.
Mit Begeisterung erzählt er vom Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg. Wie sich führende Staatsmänner wie Charles de Gaulle, Konrad Adenauer und John F. Kennedy für Versöhnung und Frieden in der Welt einsetzten. Als Klaus Thanheiser in der Rolle des Oppa Balser von dem Kennedy-Ausspruch „Ich bin ein Berliner“ schwärmte, bemerkte sein Miterzähler Klaus Hilger: „Ich könnt mer net vorstelle, dass en Frankorter mal sächt ‚Ich bin ein Offenbacher‘.“ Das war einer der wenigen Lacher im Saal.
Die Erzähler schilderten auch lokale Ereignisse. So wie einst die spätere Bad Sodener Ehrenbürgerin Dr. Dietmut Thilenius verhindert hatte, dass in Bad Soden an Stelle des alten Kurhauses ein Maritim-Hotel als „100-Meter-Monsterbau“ errichtet werden sollte.
Dass die Erzähler auf jegliche Gage verzichten, wurde gleich zu Beginn des Erzählabends verkündet. Den Erlös aus den Eintrittskarten und dem Verkauf des Buches „Oppa Balsers Lebensgeschichte“ spendet die veranstaltende „Initiative „Bürger fürs Bürgerhaus“ für die Schwalbacher Tafel.
Darüber berichtete Axel Blumenstock, ehrenamtlicher Mitarbeiter im Leitungsteam der Tafel. Diese diakonische Einrichtung ist für die Kommunen Schwalbach, Bad Soden, Sulzbach und Eschborn zuständig und versorgt rund 2.200 hilfsbedürftige Menschen mit Lebensmitteln, die von Supermärkten, Vereinen und Privatpersonen gespendet werden. Alle Akteure des abendlichen Erzähltheaters wurden mit viel Beifall und Anerkennung bedacht. gs