Die Bürgerinitiative „Bürger fürs Bürgerhaus“ hat den Bürgerentscheid zur Zukunft des alten Bürgerhauses am Platz an der Linde gewonnen. Bei der Abstimmung am gestrigen Sonntag stimmte eine deutliche Mehrheit gegen den Abriss des Gebäudes und auch das erforderliche Quorum wurde erreicht.
Damit ist der Beschluss der Gemeindevertretung aufgehoben, das heutige Bürgerhaus abzureißen und dort ein neues Gebäude mit Gastwirtschaft, Vereinsräumen, Wohnungen für Senioren und einer Tiefgarage zu bauen. Dieser Beschluss war im Juli 2023 von der großen Mehrheit des Gemeindeparlaments mit den Stimmen von CDU, Grünen, FDP und Freien Wählern getroffen worden. Grundlage waren die fast dreijährigen Beratungen einer interfraktionellen Arbeitsgruppe, bei der alle Aspekte des Bürgerhauses hinter verschlossenen Türen beraten worden waren. In dieser Arbeitsgruppe herrschte sogar Einstimmigkeit über den Abriss. Später stimmte die SPD dann in der Gemeindevertretung gegen die zuvor noch mitgetragene Empfehlung.
Schon bei der Präsentation der Ergebnisse der Arbeitsgruppe im Juni zeichnete sich starker Widerstand ab. Die Bürgerinitiative „Bürger fürs Bürgerhaus“ kündigte schnell ein Bürgerbegehren an und sammelte die dafür erforderlichen Unterschriften. So durften gestern alle Bürgerinnen und Bürger über das Schicksal des Bürgerhauses abstimmen.
Und sie taten es ganz anders als es die Volksvertreter beschlossen hatten: 1.795 Sulzbacherinnen und Sulzbacher sprachen sich gegen Abriss und Neubau aus, 1.112 Wähler unterstützten den Beschluss der Gemeindevertreter. Damit setzte sich das „Ja-Lager“ mit 61,75 Prozent der abgegebenen Stimmen durch. Die Wahlbeteiligung lag bei 43,1%. Alle Ergebnisse, auch die der einzelnen Wahlbezirke finden Sie hier.
Genauso wichtig wie die Mehrheit ist bei einem Bürgerentscheid aber auch das sogenannte Quorum: 25 Prozent aller Wahlberechtigten müssen sich für das Anliegen des Bürgerbegehrens aussprechen. Bei 6.748 stimmberechtigten Sulzbachern kam die Bürgerinitiative auf einen Wert von 26,6 Prozent. Unter Strich stimmten 108 Wählerinnen und Wähler mehr als nötig gegen den Abriss.
Hans Weihrauch, der Sprecher der Bürgerinitiative nannte das Ergebnis „fantastisch“. „Es ist fast ein Wunder, dass wir das geschafft haben.“ Bürgermeister Elmar Bociek (CDU) sagte, dass der neue Beschluss nun „abgearbeitet“ werden müsse. Die Grünen schreiben in einer knappen Stellungnahme: „Wir nehmen diesen Bürgerwillen sehr ernst und werden besprechen, wie wir gemeinsam zu guten Lösungen für Sulzbach kommen und auch das Wohnraumproblem lösen können.“ Für die SPD erklärte Fraktionsvorsitzender Dr. Andreas Krasemann: „Im Ausgang des Bürgerentscheides lässt sich erkennen, dass der Parlamentsbeschluss die Befindlichkeit vieler Sulzbacher zu einem Thema nicht hinreichend adressiert hat.“
Wie es nun mit dem Bürgerhaus weitergeht, zeigt sich in den nächsten Wochen. Zwar haben sowohl Elmar Bociek als auch mehrere Vertreter von CDU, Grünen, FDP und Freien Wählern bei der Podiumsdiskussion des Sulzbacher Anzeigers versprochen, dass das Bürgerhaus bei einem „Ja“ saniert wird, der Beschluss vom Sonntag reicht dazu allerdings nicht aus. Mit dem Bürgerentscheid wurde formal lediglich der Beschluss der Gemeindevertretung zum Abriss und Neubau aufgehoben, was auf jeden Fall für die nächsten drei Jahre gilt. Konkrete Beschlüsse zur Zukunft des Gebäudes am Platz an der Linde gibt es zurzeit nicht. Sie müssen nun vom Gemeindeparlament erarbeitet werden. MS