6. März 2024

Eiserne Hochzeit

65 Jahre gemeinsam durch das Leben getanzt

Das Ehepaar Willi und Brigitte Winter feierten am Dienstag Eiserne Hochzeit. Foto: Mirwald

Der 87 Jahre alte Willi Winter und seine zwei Jahre jüngere Frau Brigitte feierten am Dienstag im Familienkreis in der Pizzeria „da Guiseppe“ in der Sulzbacher Hauptstraße nach 65 Ehejahren das Fest der Eisernen Hochzeit.

Beim Blütenfest im Frankfurter Stadtteil Seckbach im Jahr 1956 hatte die zarte Romanze begonnen, als Willi Winter, der in der 1944 im Krieg zerstörten Frankfurter Altstadt groß wurde, Brigitte Fuchs aus Seckbach zum Tanz aufforderte. Daraus wurde im wahrsten Sinne des Wortes ein Tanz fürs Leben. Denn bis vor wenigen Jahren war das Tanzen die große Leidenschaft des Ehepaars Winter, das heute vor 65 Jahren im Frankfurter Römer standesamtlich und zwei Tage später, am 7. März, in Seckbach kirchlich getraut wurde.
Das Paar, das seit 2019 in Sulzbach, dem Wohnort von Tochter Sonja und Schwiegersohn Ottmar lebt, blickt dankbar auf ein erfülltes Leben und eine glückliche Ehezeit zurück und hat viel zu erzählen.
Besonders Willi Winter, der mit seiner Mutter und Geschwistern im Bunker unter dem Ratskeller des Frankfurter Römer Unterschlupf gefunden hatte, als bei dem schrecklichen Bombenangriff auf die Frankfurter Altstadt am 22. März 1944 auch das fünfstöckige Haus Schlachthausgasse 22 zerstört wurde, in dem er mit seiner Familie wohnte. „Es war ein schreckliches Inferno. Nach dem Angriff liefen alle Menschen auseinander, die meisten in Richtung Main. Viele Familien haben sich damals aus den Augen verloren“, erinnert sich Willi Winter. Er wurde nach Biebergemünd im Spessart evakuiert, wo er auf einem Bauernhof arbeiten musste.
Doch der Schrecken der Kriegsjahre war vergessen, als Willi Winter als 26. Mitarbeiter in Frankfurt in das Unternehmen Ellen Betrix (heute Procter & Gamble) einstieg, das – weil die Familienvilla im Westend zu klein wurde – bald seinen Sitz nach Sprendlingen verlegte und bis zu 2.000 Mitarbeiter zählte.
Willi Winter wirkte 36 Jahre lang in dem Unternehmen, in dem er für den Fuhrpark mit 290 Fahrzeugen verantwortlich war. Auch seine Frau Brigitte war in dem Unternehmen im kaufmännischen Bereich 32 Jahre lang beschäftigt.
Mit dem Unternehmen zogen die Winters nach Sprendlingen, wo sie 56 Jahre lebten, bis sie 2019 nach Sulzbach übersiedelten. In Sprendlingen waren Brigitte und Willi Winter in Vereinen engagiert, besonders als Mitgründer des Karnevalsvereins „Bimbeeren“. Brigitte Winter stieg als Rednerin in die Bütt, Willi Winter tanzte im Männerballett und Tochter Sonja in der Garde.
Sonja, mit dem Vorsitzenden des 1. FC Sulzbach, Ottmar Heyer, verheiratet, erlebte in Sulzbach ein tänzerisches Comeback bei den TSG-Fassenachtern mit der Gruppe „Ladykracher“, die einsprang und einige Jahre große Erfolge feierte, nachdem sich die Garde aufgelöst hatte. Mama und Papa Winter, damals noch in Sprendlingen zuhause, waren dabei Gäste bei der Kappensitzung in der Sulzbacher Eichwaldhalle.
Der sportlich interessierte Willi Winter fuhr in jungen Jahren Autorennen und erlebte mit seiner Brigitte unvergessliche Urlaubsreisen besonders in den USA und auf der Insel Gran Canaria. Das große Hobby der beiden aber war noch bis zur Corona-Pandemie das Tanzen, besonders Rock’n’Roll. „Wir waren überall, wo die Musik gespielt hat, besonders bei Weinfesten“, sagt das Ehepaar beim Blick zurück. Nach einem Sturz und dem Bruch einiger Wirbel hat Willi Winter Schwierigkeiten beim Laufen, fährt aber noch Auto und nimmt mit seiner Brigitte aktiv am Leben teil: „Solange wir etwas unternehmen können, machen wird das auch.“
Zu den Gratulanten zählen heute die beiden Töchter mit ihren Familien, darunter drei Enkel und die Urenkelin Isabela, die im April ein Jahr alt wird und der große Stolz des „Eisernen Paares“ ist. Tochter Sylvia wohnt in Pahlen bei Heide, will aber zur Freude der Eltern demnächst wieder ins Rhein-Main-Gebiet nach Frankfurt-Ginnheim ziehen.
Willi und Brigitte Winter haben als Weihnachtsgeschenk einen Besuch in der neuen Frankfurter Altstadt erhalten. Willi Winter ist gespannt, wie sich die Stätte, in der er seine Kindheit verbracht hat, nach dem Wiederaufbau heute präsentiert. red

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