25. April 2024

Sirenen heulten und Kirchenglocken läuteten

Bei einem Dämmerschoppen feierte Sulzbach „50 Jahre Kommunale Selbständigkeit"

Damalige und heutige Zeitzeugen (v.links): Bürgermeister Dr.Frank Blasch (Bad Soden), Sulzbachs Bürgermeister Elmar Bociek, Arno Laube und Brunhilde Uhrig (beide CDU-Gemeindevertreter), Joachim Siebenhaar (Geschichtsverein) und Sabine Bärmann (geb. Reinke), vorne Siegfried Besser (SPD, Erster Beigeordneter). Foto: gs

Zu einem besonderen Dämmerschoppen mit dem Titel „50 Jahre Kommunale Selbständigkeit“ hatte die Gemeinde Sulzbach am vergangenen Freitagabend in die Gaststätte „Zur Linde“ am Platz an der Linde eingeladen.

Knapp einhundert Gäste kamen zum Bürgertreff, der als Jubiläums-Stammtisch mit dem Untertitel „Mit Zeitzeugen unterwegs durch die Geschichte der Gemeinde/Verwaltungs- und Gebietsreform 1974″ angekündigt war. Denn seit 1974, also vor 50 Jahren, ist Sulzbach weiterhin selbständig geblieben und wurde nicht nach Bad Soden eingemeindet. Das war Anlass genug, um ausgiebig zu feiern. Dazu waren Zeitzeugen eingeladen, die vom damaligen harten Kampf der Sulzbacher Kommunalpolitiker um den Erhalt der Selbständigkeit berichteten.
Bei Spundekäs’, Handkäs mit Musik und Apfelwein wurden Erinnerungen an die turbulenten Tage im Juni 1974 wach. Zeitzeugen kamen zu Wort und ließen die wichtigsten Ereignisse von damals Revue passieren. Mit dabei war als Senior der 92 Jahre alte Siegfried „Siggi“ Besser, der als Mitglied der SPD-Fraktion Anteil am Sulzbacher Sieg hatte. Er schilderte, dass aus Protest gegen den drohenden Verlust der Selbständigkeit die 19 Mitglieder der SPD-Fraktion einstimmig beschlossen, sich als SPD-Fraktion aufzulösen und als „Wählergemeinschaft Sulzbach“ politisch weiterzuarbeiten. Dieses Vorhaben schreckte die Hessische Landesregierung auf und führte letztendlich in Wiesbaden zu einer Kehrtwende, Sulzbach im Rahmen der großen Gebietsreform doch nicht nach Soden einzugemeinden.
Auch die damaligen Mitglieder der CDU-Fraktion in der Gemeindevertretung, Brunhilde Uhrig und Arno Laube, erinnerten an die erfolgreiche Petition gegen den geplanten Beschluss der damaligen SPD-geführten Landesregierung. Beide beschrieben die Jubelszenen, als schon am 19. Juni, dem Vortag der offiziellen Entscheidung in Wiesbaden, durchsickerte, dass Sulzbach und auch Kriftel selbständig bleiben würden. „Da heulten die Sirenen, die Kirchenglocken läuteten, es wurde schon vorab gefeiert.“
Ausgiebig gefeiert wurde erst recht am Abend des 20. Junis, als die geforderte Entscheidung durch den Landtagsbeschluss bestätigt wurde. Dies gab der damalige Bürgermeister Karl Reinke in der Sitzung der Gemeindevertretung bekannt. Was dann folgte, beschrieb Brunhilde Uhrig so: „Ganz Sulzbach war besoffen.“
Ein besonderer Moment der Zeitzeugenbefragung waren die Aussagen von Reinkes Tochter Sabine Bärmann. Sie berichtete, wie sie als Elfjährige die Anspannung ihres Vaters erlebte, der nach gewonnenem Kampf seine Freudentränen nicht zurückhalten konnte. Auch der damalige Schulleiter und Vorsitzende der Gemeindevertretung, Theo Lißmann, animierte Lehrkräfte und Schüler, gegen die Eingemeindung zu kämpfen. Eindrucksvoll waren auch die Auftritte der Bürgermeister Elmar Bociek (Sulzbach) und Dr. Frank Blasch (Bad Soden). Beide betonten, es sei richtig gewesen, dass Sulzbach selbständig geblieben war.
Zu Beginn hatte der Vorsitzende des Sulzbacher Geschichtsvereins, Joachim Siebenhaar, der zusammen mit Walter Mirwald den Jubiläums-Stammtisch moderierte, in einem Kompaktreferat die wechselhafte Historie des „Freien Reichsdorfs Sulzbach“ von der Ersterwähnung 1035 bis zu freudigen Nachricht im Juni 1974 abgehandelt. Dabei las er auch Passagen aus den amtlichen Protokollen, die Sulzbachs Unabhängigkeit bestätigten, vor. gs

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