Das ist eine besondere Ehrung, wie es sie wohl nur ganz selten gibt: Lieselotte Weber wurde für 75-jährige Mitgliedschaft im Mandolinenverein „Musikfreunde Sulzbach“ geehrt. Die heute 86 Jahre alte Sulzbacherin, die man locker zehn Jahre jünger schätzen, könnte, begann als Zwölfjährige im Orchester der Zupfmusiker mitzuspielen.
Das war Familientradition. Ihr Onkel, Philipp Hartmann, war der Dirigent des Orchesters. Vater Jakob spielte Mandoline und leistete Vorstandsarbeit. Fast drei Jahrzehnte gehörte Lieselotte Weber, geborene Hartmann, dem Orchester an und ist danach als passives Mitglied dem Verein treu geblieben.
Sie erlebte glanzvolle Jahre, von denen die heute 41 verbliebenen Mitglieder, darunter lediglich sieben aktiv Musizierende, nur träumen. Der Mandolinenverein galt vor Jahrzehnten als ein Kulturtempel in der Gemeinde Sulzbach: Ein großes Orchester, das viele Konzerte gab und etliche Musikreisen unternahm. Und ein Verein, der am Rosenmontag mit dem närrischen „Lumpenball“ erst im Saal des Gasthauses „Zum Taunus“ und danach in den Eichwaldhallen glanzvolle Bälle organisierte.
Lieselotte Weber schwärmt von diesen Zeiten: „Wir waren eine wunderbare Gemeinschaft und erlebten viele schöne Stunden.“ Heute sieht es anders aus. Das Orchester ist geschrumpft. Nur noch sieben Mitglieder sind mit Mandolinen und Gitarren dabei. Dennoch gestaltete diese „Rumpftruppe“ im vergangenen Herbst im Gewölbekeller des Bürgerzentrums Frankfurter Hof ein hochklassiges Konzert.
Doch es wird immer schwerer. „Wir fahren zweigleisig. Bei Kurzauftritten wie zum Beispiel bei Geburtstagsfeiern spielen wir Unterhaltungsmusik, und für anspruchsvolle Konzerte holen wir uns Verstärkung von anderen Vereinen“, sagt Helmut Ehescheid, der mit Ute Irmisch und Ute Neumann den so genannten „vertretungsberechtigten Vorstand“ bildet.
Zum „erweiterten Vorstand“ gehören – qua Amt – der Dirigent Marcus Faul, der bis 2023 erster Vorsitzender war, und die Ehrenvorsitzende Edith Nietbaur.
Es werden dringend Mitspieler gesucht für die Instrumente Mandoline, Gitarre oder auch Domra, ein Instrument, das viele Flüchtlinge aus der Ukraine beherrschen, die willkommen sind.
Willkommen sind auch Jugendliche und Erwachsene, die bereits Erfahrungen mit Mandoline, Mandola, Gitarre oder Kontrabass haben. Sie können gerne zu einem Probenabend kommen, um die Spielerinnen und Spieler, die Atmosphäre, den Schwierigkeitsgrad und vor allen Dingen den doch recht unbekannten, feinen Klang der Zupfmusik kennenzulernen.
Geprobt wird dienstags von 18.30 Uhr bis 21 Uhr im Bürgerzentrum Frankfurter Hof. Davor erteilen der Orchesterleiter Marcus Faul Mandolinenunterricht und Thomas Schall Unterricht an der Gitarre.
Zu allem Überfluss kämpft die kleine Musikgemeinschaft auch noch mit finanziellen Problemen. Wenige Mitglieder, wenig Einnahmen. Der musikalische Leiter Marcus Faul, der aus Südhessen anreist, kommt derzeit nur noch zur jeder zweiten Probe, um Honorarkosten, die seit 20 Jahren unverändert niedrig sind, zu sparen.
„Ohne einen musikalischen Leiter, der regelmäßig in die Proben kommt, ist es schwierig, ein anspruchsvolles Programm auf die Beine zu stellen. Wir müssen Sponsoren finden, um unser Niveau halten zu können“, sagt Gitarrist Thomas Schall.
Der Vorstand sucht nach Lösungen, um die finanzielle Situation zu verbessern und plant trotz aller Probleme ein Herbstkonzert am Sonntag, 22. September, in der evangelischen Kirche und am Samstag, 30. November, ein Kurzkonzert ebenfalls in der evangelischen Kirche beim Weihnachtsmarkt.
Neben Lieselotte Weber wurde Cornelia Wittmann für 50-jährige Mitgliedschaft geehrt. Sie spielte im Jugendorchester und im großen Orchester des Mandolinenvereins und blieb nach der aktiven Zeit passives Mitglied. Nachgeholt werden die Ehrungen für 50 Jahre Mitgliedschaft für Anette Balschun und Hans Müller.
Wer Interesse am Mandolinenverein hat, kann sich unter mandolinenverein-sulzbach.de informieren und per E-Mail an mandolinenvereinsulzbach@web.de Kontakt aufnehmen. red